Elektromobilität: Die Zukunft der Lieferdienste in den Innenstädten

Der Wandel findet längst statt

Der Klimawandel ist Realität. Das ist auch im öffentlichen Bewusstsein angekommen und auch bei den politischen Entscheidungsträgern weltweit. Das zeigt sich nicht nur in internationalen Klimakonferenzen, sondern mittlerweile auch in ganz konkreten Entscheidungen in Form von Gesetzen und Verordnungen. So gibt es bereits in zahlreichen Ländern klare Zeitpunkte, ab wann Neuzulassungen von Verbrennungsmotoren nicht mehr möglich sein werden, die Zeitfenster unterscheiden sich zwar von Land zu Land, aber die Marschrichtung ist klar.

Elektromobilität tritt aus ihrem bisherigen Schattendasein hervor und zusammen mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur und anderen Maßnahmen der Energiewende nimmt der Wandel zunehmend an Fahrt auf.

Innenstädte als „natürlicher Lebensraum“ der Elektromobilität

Fahrt aufnehmen ist ein gutes Stichwort. Denn die Fahrt muss ja weiter gehen, zumindest überall dort, wo es um Transport geht. Gerade in Innenstädten erfahren Autofahrer bereits seit Jahren, dass sich etwas verändert. Umweltzonen dürfen bereits seit längerem nur noch mit der geeigneten Plakette befahren werden. Verkehrsberuhigte Zonen breiten sich aus, teilweise werden ganze Stadteile für den Autoverkehr gesperrt oder dieser wird zumindest stark eingeschränkt. Und doch liegt es auf der Hand, dass Zulieferer auch weiterhin Zugang zu den Geschäften und Verbrauchern in den Innenstädten haben müssen. Kein unlösbares Problem, aber eines, auf das sich auch die KEP-Branche zunehmend einstellen muss. Elektrotransporter werden auf der letzten Meile der Lieferkette in Zukunft sicher eine gewichtige Rolle spielen.

Bedeutung der Elektromobilität für die Lieferdienste

Zulieferer mussten auch bisher bereits besondere Regelungen in der City beachten. So ist es nicht selten, dass Fußgängerzonen oder verkehrsberuhigte Bereich nur zu bestimmten Uhrzeiten angefahren werden dürfen. Es ist absehbar, dass in Zukunft auch die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass nur noch emissionsfreie Fahrzeuge in besonders ausgewiesene Zonen einfahren dürfen. Denn die Uhr für Verbrenner tickt. Wasserstoff als Antrieb eignet sich laut vielen Studien vor allem für größere LKW, wird also vermutlich vor allem im Fernverkehr eine Rolle spielen.

In den Städten selbst wird der Lieferverkehr durch Alternativen geprägt sein wie zum Beispiel:

Radkuriere und Lastenfahrräder:

Radkuriere haben in den letzten Jahren sehr an Bedeutung gewonnen. Jenseits des klassischen Pizzaservice übernehmen diese immer mehr Lieferungen auch in zahlreichen anderen Bereichen. Auch Kurierdienste, die sich bisher eher durch Kleintransporter in den Innenstädten zeigten, nutzen zusätzlich gerne die zahlreichen Vorteile der flexiblen und zugleich umweltfreundlichen Boten auf 2 Rädern. Ein Radkurier kann auch noch zu Zeiten zustellen, in denen bestimmte Zonen für den Autoverkehr gesperrt sind. Er kann ganz andere Wege nutzen und ist gerade in den Hauptverkehrszeiten deutlich weniger oder gar nicht von Staus betroffen. In Zeiten stark steigender Treibstoffpreise wird der „Mensch als Antrieb“ zunehmend konkurrenzfähiger. Das klingt nüchtern und hart, aber es soll zeigen, dass selbst die hartgesottensten und knallhart kalkulierenden Betriebswirtschaftler die Vorteile nicht mehr leugnen können.

Die völlig zu Unrecht zeitweise belächelten Lastenfahrräder werden möglicherweise in der Zukunft einige der Nischen ausfüllen, welche der nachlassende PKW-Zulieferverkehr mitten in der City frei lassen wird.

E-Autos und E-Transporter:

Eine starke Rolle wird wohl der Elektromobilität zukommen. Denn alles was über die Kleintransporte hinaus geht, muss mit größeren Fahrzeugen angeliefert werden. Der einzige Nachteil von Elektrofahrzeugen gegenüber Verbrennern, die (noch) geringere Reichweite, spielt gerade in den Innenstädten keine Rolle. Hier werden nur kurze Strecken zurückgelegt und die Fahrzeuge stehen fast länger als dass sie bewegt werden. Das ständige Anfahren und Bremsen, neu Anfahren und wieder Halten, sowohl bei der Zustellung als auch an Ampeln und im Stadtverkehr überhaupt macht E-Autos aber gerade für diesen Zweck sehr viel geeigneter als Fahrzeuge herkömmlicher Antriebsarten. Denn: ein E-Auto hat keine Kupplung, die verschleißen kann. Und die Kraftübertragung bringt bei einem Elektroauto direkt beim Betätigen des Gaspedals die volle Leistung auf die Räder, anders als bei den üblichen Verbrenner-Motoren. Von der deutlichen Verringerungen der schädlichen Auswirkungen auf die Luftqualität ganz zu schweigen. Elektromobilität hätte also eigentlich in der City schon deutlich früher Sinn gemacht.


Ladeinfrastruktur – auch eine Chance

Ein wenig überraschend mutet es an, dass gerade professionelle Lieferdienste die Vorteile eigener Ladestationen bisher noch nicht voll erkannt haben. Unabhängig von der Zapfsäule zu sein und eigene Ladestationen zu betreiben, welche während der natürlichen Standzeiten der Fahrzeuge ihren Dienst tun können, ist ja eigentlich die perfekte Lösung. Erfolgreich umgesetzt wird dies schon seit vielen Jahren bei Flurfördermitteln in Logistikzentren. Hinzu kommt die Möglichkeit, einen Teil der Energie durch Solaranlagen auf den Dächern der eigenen Firmengebäude zu gewinnen. Auch Kooperationen mit Industrieunternehmen, die durch Abwärme zusätzliche Energie erzeugen könnten wären in der Zukunft vorstellbar. Es gibt viel Potential, es fehlt bisher nur an der Bereitschaft, sich auf einen echten Wandel einzulassen.

Veränderung nicht als Hürde sehen, sondern als Fülle an Möglichkeiten

Wie würde unsere Welt heute aussehen, wenn es vor der Einführung von Eisenbahnen und den anfangs verschmähten „Benzinkutschen“ nicht ausreichend Pioniergeist und den Willen zur Veränderung gegeben hätte? Ohne Visionäre, die über den Tellerrand dachten und den Mut hatten, „die Sache durchzuziehen“? Auch gegen den Widerstand der zahlreichen Skeptiker in den bewegten Zeiten des damaligen Wandels? Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt manche Parallele zu heute, die Energiewende erfährt ja auch heute noch großen Gegenwind.

Doch völlig unabhängig von der Umweltproblematik, welche eigentlich für sich allein genommen als Motivation bereits ausreichen müsste, fällt auch die Abhängigkeit von Rohstoffimporten immer mehr ins Gewicht.

Preisschwankungen, unsicher werdende Lieferketten und auch Kriege, wie sich leider zeigt, sind Faktoren, die nicht nur die Preise in die Höhe treiben, sondern ganz konkret sogar zu echten Lieferengpässen führen können. Die Frage, ob fossile Brennstoffe größere Versorgungssicherheit bieten, dürfte sich in der Zukunft von selbst erledigen.

Auf Dauer liegt es auf der Hand, dass erneuerbare Energien für deutlich niedrigere Kosten sorgen werden. Elektromobilität in Verbindung mit Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird teure Importe und die Risiken durch Schwankungen an Energiemärkten n Zukunft völlig beseitigen.

Es kommt nur darauf an, einmal die Infrastruktur und die Energiegewinnung komplett zu schaffen und umzustellen. So wie es früher einer große Anstrengung bedurfte, ein Schienennetz aufzubauen. Ist dies vollbracht, sind die heutigen Abhängigkeiten obsolet.

Elektromobilität ist nur ein Element, aber es ist eben das entscheidende Kriterium für die KEP-Branche der Zukunft. Und wer seine Ladestationen tagsüber, wenn die eigene E-Transporter-Flotte im Einsatz ist, privaten Nutzern zur Verfügung stellt, kann sich sogar noch einen kleinen zusätzlichen Geschäftszweig aufbauen.


Die Karten werden neu gemischt

In der KEP-Branche wird man reagieren müssen, ob man dies nun aus Überzeugung tut oder aus der blanken Notwendigkeit heraus. Wer frühzeitig den Wechsel vollzieht, kann möglicherweise im entscheidenden Moment an den Konkurrenten vor Ort vorbei ziehen. Elektromobilität ist insofern für all diejenige eine Chance, die rechtzeitig die alten Denkmuster hinter sich lassen und die Veränderungen aktiv mitgestalten. Denn Elektromobilität wächst aus den Kinderschuhen heraus und ist auf dem Sprung, die alte Generation der „fossile Brennstoffe fressenden“ Motoren abzulösen.